Schneller Lesen – mehr Verstehen
Warum werden Schneller Lesen, Speed Reading und Schnelllesen so oft gegoogelt? Weil jeder Angestellte, Manager und Selbstständige durchschnittlich 4,7 Stunden täglich am Arbeitsplatz mit Lesen verbringt. Was wäre, wenn
- Sie Ihre Bearbeitungszeit von Emails, Berichten, Protokollen, Gutachten oder Werbesendungen verdoppeln?
- Sie statt statistischen 60 Prozent ihr Verstehen bei Informationen im Internet, Produktbeschreibungen, Präsentationsunterlagen und Projektdokumentationen auf 80 Prozent und mehr anheben?
Wie viel mehr Zeit hätten Sie dann?! Zu Zeitungsartikeln und Sachbüchern gesellen sich stetig mehr Bereiche, die verlangen, dass visuelle Information wahrgenommen und verarbeitet wird.
Schnelles Lesen als Kulturtechnik
„Die Fähigkeit, sinnerfassend lesen zu können, ist für jede Bürgerin und jeden Bürger unverzichtbar.“ So untermauert das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung die Notwendigkeit der Lesefertigkeit. Schon 1996 gaben zwei Drittel der befragten Manager einer internationalen Studie von Reuters an, für Entscheidungen große Mengen an Informationen verarbeiten zu müssen. Doch die PISA Studie 2009 mit dem Lesekompetenz-Schwerpunkt belegt, dass jene Fertigkeit in Österreich signifikant unter dem Mittelwert liegt. Die konkreten Auswirkungen bestätigt eine Studie der OECD. Hier wird hervorgehoben, dass zwischen der Lesefähigkeit einerseits und den Jobaussichten, dem Einkommen, der Gesundheit und sogar der Lebenserwartung andererseits ein Zusammenhang besteht. Wie auch Prof. Göran Askeljung in seinem Buch BrainRead, effizienter Lesen – mehr behalten auf den Punkt bringt: „Je höher die Lesekompetenz, desto besser sind Karrierechancen und Lebensstandard.“ (Göran Askeljung: BrainRead. Effizienter Lesen – mehr behalten. Lesen wie die Schweden. Wien: Linde 2013. S. 14.)
Eine weitere Dimension beleuchtet eine Studie von Neville Meyers von der University of Technologie in Brisbane 2003. Mehr als 50 Prozent der australischen Manager gaben an, das täglich notwendige Pensum an Informationen nicht erfüllen zu können. Ein Drittel formuliert das Problem schärfer und sieht sich sogar als „Opfer der Informations-Ohnmacht.“ Die ständige Informationsüberflutung kann Stress, Unentschlossenheit und mitunter sogar gesundheitliche Beschwerden verursachen.
Vor dem Hintergrund der (technologischen) Entwicklungen lässt sich schließen, dass die Notwendigkeit, sich Wissen anzueignen, stetig steigend ist. Die Relevanz schneller Lesen zu können, ist demnach unbestreitbar. Schneller lesen
Schnelllesen – Potential von Gehirn und Augen ausschöpfen
Der Lesevorgang selbst ist ein komplexer Prozess. Dabei bedeutet Schnelllesen bzw. Speed Reading nicht automatisch, effizient dabei zu sein. Prof. Askeljung betont drei Aspekte für ein zielführendes Resultat beim Schnelllesen: „Ihre Lesegeschwindigkeit zu erhöhen, Ihre Verständnisrate zu steigern und Ihnen Strategien anzubieten, mit denen Sie je nach Ziel einmal gründlicher lesen und ein anderes Mal den Text nur grob überfliegen, um sich ein paar Rosinen herauszupicken, die Ihnen besonders schmecken.“ (Askeljung (2013): BrainRead. S. 16.) Hinter den Konzepten für Schnelles Lesen oder Speed Reading steckt ein Optimierungsprozess der Datenweitergabe zwischen Auge und Gehirn. Sowohl die Erweiterung des Blickfeldes, als auch im Hinblick auf die Geschwindigkeit ist der Lesevorgang deutlich ausbaufähig. Ungeschult fokussiert das Auge beim Lesen einzelne Textstellen an (Fixation), nimmt sie wahr und springt erst dann weiter (Sakkade). Mangelndes Verständnis führt dazu, dass unser Auge wieder an eine bereits gelesene Stelle zurück springt (Regression). Über chemische und elektrische Prozesse werden die Informationen von den Sinneszellen im Auge ans Gehirn weitergeleitet. Schneller lesen
Die Schlagworte Schnelllesen, Speed Reading und Schnelles Lesen bergen also unglaubliches Potential. Lesetechniken helfen dabei, die Informationen zu verstehen, um sie gezielt weiter zu verarbeiten. Schneller lesen
Schneller Lesen – Augen, Gedächtnis, Lesetechnik das hilfreiche Trio
Beim Speed Reading werden die Möglichkeiten von Augen, Sehnerv und Gehirn gezielt eingesetzt. Eine deutlich erhöhte Lesegeschwindigkeit alleine ist aber nur ein Teil des Ganzen. Prof. Göran Askeljung betont auch den Aspekt, Inhalte schneller und trotzdem nachhaltiger zu erfassen.
Um das Verständnis zu beeinflussen, spielen Lesbarkeit und Vorwissen (mentales Lexikon) eine Rolle. Kurze Wörter und einfache Satzstrukturen bedingen ein gutes Verständnis und können mittels Lesbarkeitsindex gemessen werden. Das Vorwissen ist ein komplexes Netzwerk aus miteinander verbundenen Knoten, das wichtige Informationen – wie Bedeutung, Aussehen und Aussprache – über die bekannten Begriffe umfasst. Ein dichtes Netzwerk hilft dabei, das Gelesene einzuordnen und damit zu verstehen.
Neue Techniken, eine spezielle Kursabfolge und Übungen steigern neben dem Lesetempo auch die Leseintensität. Eine Untersuchung der Universität Wien bestätigt, dass mit der richtigen Lesetechnik die Leseeffizienz um 216 Prozent gesteigert werden kann. Schneller lesen
Strategien der Effizienz beim Schnelllesen
Bei Lesetests wird das Lesetempo meistens in „Wörtern pro Minute“ (WpM) gemessen oder nach der von Prof. Ronald P. Carver eingeführten Messung die „Standardwörter“ erfasst. (Ronald P. Carver: Reading rate: A review of research and theory. San Diego, California: Academic Press 1990.) Schneller lesen
Mit diesem Begriff bezeichnet er sechs Buchstabenbreiten, wie zum Beispiel ein Wort mit fünf Buchstaben und dem dahinter folgenden Leerraum. Damit wollte er der Messungenauigkeit entgegen wirken, die durch die unterschiedliche Wortlänge zustande kommt.
Wort für Wort lesen, leises Mitsprechen oder Zurückspringen im Text brauchen Zeit. Wörter beispielsweise zu clustern steigert unmittelbar die Lese-Effizienz. „Schneller Lesen kann nur, wer statt einem Wort gleich mehrere Wörter aufnimmt.“, betont Prof. Askeljung. (Askeljung (2013): BrainRead. S. 36.) Mit der richtigen Strategie können die durchschnittlichen Anfangswerte von 220 Wörtern pro Minute und einer Verständnisrate von 60 Prozent deutlich angehoben werden. Schon eine Steigerung auf drei Wörter pro Fixierung bedeutet, dass neun Wörter pro Sekunde und somit 540 Wörter pro Minute gelesen werden. „1000 Wörter pro Minute erreichen auch manche Teilnehmer nach zwei intensiven Tagen Training in meinen Seminaren – und das bei hoher Verständnisrate!“ meint Herr Prof. Askeljung. (Askeljung (2013): BrainRead. S. 38f.)
Beim Schnelllesen ist es wichtig, das Leseziel zu definieren und sich der eigenen Erwartungen an den Text bewusst zu sein. Genauso wie Übungen zu Scanning, Augentraining oder Gehirnjogging, die richtig aufbereitet, dabei helfen, das Lesepensum schnell effizient und nachhaltig zu erledigen.
Auch bei großem Textvolumen steigert strategisches Vorgehen z.B. nach der Trichtermethode (siehe Abb.) die Effizienz und Effektivität. Im ersten Schritt macht man sich einen schnellen Überblick über den Text (Scanning). Frage Sie sich: Was kann ich weglassen, was ist irrelevant für mein Ziel? Im nächsten Durchgang konzentriert man sich auf jene Textblöcke (Kapitel oder Absätze), die als sinngemäß relevant erachtet werden, bei immer geringere Lesegeschwindigkeit (Skimming). Fragen Sie sich: Was habe ich bereits ausreichend verstanden? Welche Teile des Buchs werde ich nochmals vertiefend lesen? In den nächsten Schritten konzentrieren Sie sich nur auf jene Teile des Buchs, die Sie als relevant erachten. Falls notwendig kann anschließend noch einmal langsam gechunkt werden. Sie lesen also den Text mehrmals mit immer geringerer Lesegeschwindigkeit, bis Sie das Gefühl haben, nun ausreichend verstanden zu haben.
Auf jene Inhalte fokussiert, die wirklich relevant sind, ist der Lerneffekt um ein Vielfaches höher und die Lerninhalte werden nachhaltig gespeichert. Erstaunlich ist, dass jene Lesestrategie zum Lernen des Gelesenen in Summe noch immer eine deutliche Zeitersparnis bedeutet, entgegen einmaligem langsamen Wort-für-Wort-lesen.
Schnelllesen von anspruchsvollen Texten
Madeleine Marti und Marianne Ulmi betonen einen Zusammenhang zwischen dem Lesen und dem Schreiben von anspruchsvollen Texten. „In unseren Schreibwerkstätten und -coachings haben wir gesehen, dass nicht wenige der typischen Unsicherheiten und Schwierigkeiten beim Schreiben von wissenschaftlichen Arbeiten bzw. von Facharbeiten auf fehlende Strategien für das Lesen, Verstehen und Verarbeiten von Fachliteratur zurückzuführen sind.“(Marti u. Ulmi: Lesend denken – Strategien im Umgang mit Fachtexten. S.1) Der Verarbeitungsprozess von Texten trägt zur Schärfung des Denkens bei. Daher empfehlen die Autorinnen sich bewusste Strategien beim Lesen und im Umgang mit Fachliteratur anzueignen. Diese helfen beim Erarbeiten eigener Positionen und dabei griffige Fragestellungen zu entwickeln.
Nach Marti und Ulmi verlangt noch ein anderer Aspekt Beachtung. Vor allem „nicht versierten Lesenden fehlen das Bewusstsein und die Erfahrung, dass das Lesen anspruchsvoller Texte viel Zeit benötigt.“ (Marti u. Ulmi: Lesend denken – Strategien im Umgang mit Fachtexten. S.6) Werden Texte nicht sofort verstanden, zweifeln die Lesenden mitunter an ihrem Intellekt. Vor diesem Hintergrund ist wichtig mit einzubeziehen, dass neben effektiven Lesestrategien auch Geduld und Motivation für das Erschließen anspruchsvollerer Texte thematisiert werden müssen. Die Auseinandersetzung mit Texten verschiedenster Herausforderungen kann Lernerfolge und Freude hervorbringen. Effiziente und effektive Lesestrategien vermitteln dem Lesenden nicht nur das Handwerkszeug, Texte besser zu verstehen, sondern beeinflussen auch den Zugang zu ihrem Verständnis. Es ist hilfreich mit realistischen Erwartungen und positiver Einstellung an den jeweiligen Text heran zu gehen. Mit den richtigen Techniken zum Schnelllesen lässt sich nicht nur der Zeitaufwand reduzieren, auch bei mehrmaligem Lesen. Sondern auch das Wissen um den Umgang mit Texten aller Art, stellt neue Weichen in der beruflichen Weiterbildung.
Schneller Lesen – mehr merken!
Wie aber hebt man die Verständnisrate? Die Klarheit eines Textes kann man auf Leserseite nicht beeinflussen. Das heißt, man muss wo anders ansetzen als beim Clarity Index (CI) oder dem Hamburger Verständlichkeitsmodell.
Physiologisch betrachtet, umfasst die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses etwa fünf Elemente auf einmal. Das können fünf Buchstaben, oder fünf große Chunks (Wortblöcke) sein. Hier lässt sich die Brücke schlagen zwischen der Lesegeschwindigkeit und der Verständnisrate. „Denn sofern das Kurzzeitgedächtnis innerhalb von dreißig Sekunden einen Sinnzusammenhang herstellen kann, wird die Information – oder das Informationspaket – ins Langzeitgedächtnis verlegt.“ (Askeljung (2013): BrainRead. S. 167.) Beliefert man also das Gehirn mit Informationspaketen, die Sinn ergeben, landen diese im