Teamleitung überflüssig? Wie Collaboration Tools Hierarchien verändern
Nein, so schnell wird es wohl ohne Teamleitung nicht gehen. Aber was heute schon viele – mehr oder weniger mißtrauisch beobachten – könnte langfristig für das Arbeiten in Teams Normalität werden: immer weniger Leitung und immer mehr Selbstorganisation.
Agile Teams stehen vor der Herausforderung sich stets neu zusammenzufinden. Sind die Mitarbeiter in verschieden Projekte eingebunden, haben sie manchmal auch verschiedene Rollen. So ist jemand vielleicht in einem Projekt Teamleiter und gleichzeitig in einem anderen Projekt Mitarbeiter. Diesen Rollenwechsel hinzukriegen ist nicht ohne.
Auch die eigenen Ressourcen entsprechend aufzuteilen braucht eine sehr gute Selbstorganisation. Von Seiten der Unternehmensführung oder Teamleitung brauchen die Mitarbeiter das Vertrauen und genug lange Leine, sich auch eigenverantwortlich organisieren zu können. Teamleiter A hat ja vielleicht nicht ausreichend Einblick in die anderen Projekte seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es braucht vor allem zwei Dinge:
- sehr gute Kommunikation
- passende Collaboration-Werkzeuge
Ersetzen Collaboration Tools das mittlere Management?
Mit den immer ausgefuchsteren Collaboration-Werkzeugen setzt eine Entwicklung ein, die viele gar nicht gerne sehen. Die Aufgaben, die das klassische mittlere Management übernimmt, übernehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst: Koordination der Arbeitsabläufe (z.B. Microsoft Teams) und Kontrolle der Fortschritte.
Auf die Teammitglieder kommen dagegen neue Aufgaben hinzu, die mit ihrer fachlichen Kompetenz gar nichts zu tun haben. Klar, denn mehr Verantwortung und flacherer Hierarchie bedeutet auch mehr Selbstorganisation.
Wer für ein Projekt die Teamleitung erhält, sitzt quasi plötzlich selbst im mittleren Management. Stichwort ‘distributed authority’.
Dieser Trend bedeutet nicht unbedingt, dass es kein Management mehr geben wird. Die Aufgaben werden und können sich schlichtweg verändern. Viele Führungskräfte klagen, dass sie zuviel Zeit mit administrativen Aufgaben verbringen müssen. Viele davon können inzwischen von Collaborations-Werkzeugen wie Office365 übernommen werden. Der positive Effekt liegt auf der Hand: sie können sich wieder auf ihre Führungsaufgabe und operative Tätigkeit konzentrieren.
Der richtige Umgang mit dem Werkzeug bestimmt dessen Effizienz
Es reicht nicht, ein gutes Werkzeug zur Hand zu haben – man muss es auch zu bedienen wissen. Das beinhaltet auch, dass man weiß, wann man das Werkzeug verwendet. Der eigentliche Sinn (bessere Kommunikation, leichtere Koordination auch und gerade für virtuelle Teams, effizientere Selbstorganisation) wird durch die Überbenutzung oft durchkreuzt. Die Verführung ist groß, schnell eine Nachricht abzufeuern, vor Feierabend noch rasch ein paar Aufgaben zu verteilen. Die große Bandbreite an Fuktionen bring viele Freiheiten. Aber mein Plus an Freiheit, kann für jemand anderen zugleich eine zusätzliche, unnötige Belastung werden. Das haben wir inzwischen durch den leider oft gedankenlosen Gebrauch von Mails erfahren. Und auch wenn viel geklagt wird und es schon reichlich sehr intelligente Ratschläge zum Umgang mit Mails gibt – die Posteingänge quellen nach wie vor über.
Davon sollten wir lernen. Es ist wirklich unnötig, diese Fehler zu wiederholen. Es braucht ein Training, damit diese komplexen Tools sinnvoll beherrscht werden. Dann können sie genau das bewirken, wozu sie entwickelt wurden: flexiblere Arbeitsmöglichkeiten für alle.
Über den Autor Göran Askeljung
Prof. (op) Göran Askeljung – BcEE, ist Business Trainer bei askeljung.com und Geschäftsführer und Senior Trainer bei immediate effects. Seit 2016 ist Göran Askeljung auch Certified Facilitator und Associate von Consensus in NY, und leitet Consensus Austria und Germany. Als Professor of Practise (op) am Georgian School of Management (GSOM) leitet er das Institut für Sales and Negotiations. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF). Göran ist auch als Trainer, Coach und Consultant für Consensus Group (NY, US), The Forum Corporation (UK), eBda (Fr) undNapier Training Associates (UK) tätig. Er ist zertifiziert im Solution Selling® von der SPI University in USA. Seine Arbeit umfasste Tätigkeiten als Trainer und Coach für Produktivität, Verkauf, Vertriebsmanagement, Key-Account Management, Lösungsvertrieb, Verhandlungstaktik, Verhandlungsführung, Rhetorik und Präsentationen. Göran wurde 1967 in Schweden geboren und lebt seit 1990 in Wien. Er spricht fließend Deutsch, Englisch und Schwedisch. Lebenslauf und Werdegang: Oxford Encyclopedia | LinkedIn | XING