Besinnen wir uns einmal auf das Wichtige im Leben und reduzieren es dann auf das, was wesentlich ist, um Ihre Arbeit gut zu erledigen. Was wäre das?

Ich denke, Sie werden zum folgenden Schluss kommen:

– Lesen, um aus der Vielfalt von Informationen, die wir täglich erhalten, das Sinnvolle und Wichtige erkennen zu können
– Organisieren, um erkennen zu können was bei der Fülle an Aufgaben, die uns erwartet, das Wichtigste ist
– Schreiben, um kurz, prägnant und auf den Punkt genau seine Botschaft herüber zu bringen, um die gewünschten Reaktionen und das Verständnis für seine Belange herbeizuführen

Was leiten wir daraus ab?

Es geht nicht darum, ob man die richtigen Fachkenntnisse besitzt oder der beste in seinem Metier ist – dies sind Sachen, die wir alle einmal gelernt und uns hart erarbeitet haben. Es geht vielmehr darum, dass wir die Dinge auch im Alltag effektiv und möglichst ohne Reibungsverluste meistern, um unsere Arbeit erledigen zu können. Wer möchte nicht lieber zeitig Feierabend machen, statt Überstunden schieben zu müssen?

Die Effizienz – also Wirkkraft, Nützlichkeit, Nutzen oder Vorteil – unterscheidet sich von der Effektivität, die mit Leistungsfähigkeit, Wirksamkeit und Wirkungsgrad gleichzustellen ist. Mit unserer Arbeit wollen wir Effizienz erreichen, und sie zusätzlich effektiv erledigen. Während die Effizienz von der Methodik wie wir etwas erreichen losgelöst ist, hat die Effektivität hingegen sehr viel damit zu tun. Wie erzielen wir also Effektivität bei der Arbeit?

Meine Antwort auf diese Frage hängt eng mit der obigen Schlussfolgerung zusammen – es geht vielmehr um die alltäglichen Fähigkeiten wie Lesen, Organisationsfähigkeit und Schreiben, als um bestimmte Management-Philosophien und die neuesten fernöstlichen Meditationsverfahren. Wir glauben, stets letzterem folgen zu müssen und wenden uns allzu oft Superstars und umjubelten Persönlichkeiten zu, nur um feststellen zu müssen, dass diese Praktiken genauso lange halten, wie die neueste Diätmethode.

Die effektivste Art, Ihre Arbeit zu erledigen und Ihre Karriere zu verbessern, hängt vielmehr davon ab, ob es Ihnen Ihre Lesefähigkeit erlaubt, schneller und aufmerksamer zu lesen als Ihre Kollegen. Dann sind Sie nämlich in der Lage, mehr Informationen besser zu durchschauen als andere, und anhand dieser bessere Entscheidungen zu treffen, die nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ beeindrucken und zu Erfolg führen.

Ihr Erfolg hängt auch davon ab, wie gut Sie organisiert sind und wie schnell Sie Ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken können, wenn es heiß wird und der Tag verrücktspielt.
Die Resultate die Sie erbringen, hängen stärker davon ab, wie schnell und gut Sie schreiben können und wie überzeugend Sie auf Ihre Leser wirken, statt davon, wie viele Sprachen Sie beherrschen.

Zusammenfassend wage ich zu sagen, dass sogar ein unausgebildeter Faulpelz wie ich es mit etwas Willenskraft und Einsicht über das, was wirklich zählt, zu einer guten Karriere bringen kann. Die drei Kernkompetenzen der Wissensarbeit müssen dafür natürlich beherrscht werden!

Die drei Kernkompetenzen

Lesen, Organisieren und Schreiben – so einfach und banal ist das. Wie beim Schach oder Go – dem uralten Brettspiel aus Japan – ist es recht einfach, die Regeln zu lernen, aber es dauert ein Leben lang, bis man ein Meister wird. Diese drei Kernkompetenzen lernen wir recht schnell und einfach in der Schule. Mit 7 oder 8 Jahren können wir bereits lesen und es dauert vielleicht noch ein paar Jahre, bis wir es auch flüssig beherrschen. Danach tun wir allerdings nicht mehr viel dafür. Wir lesen also noch heute anhand der Fähigkeiten, die wir uns als 7- oder 8-jährige angeeignet haben! So ähnlich ist es auch mit der Fähigkeit, sich selbst zu managen und seine Arbeit effektiv zu erledigen. In der Schule haben wir gelernt, dass man etwas vorplanen muss und Weitsicht benötigt, um rechtzeitig auf die Prüfungen vorbereitet zu sein. Später kommen vielleicht noch ein paar Projektplanungs- oder Zeitmanagement-Methoden hinzu, aber auch hier haben wir erschreckend wenig gelernt. Die meisten Menschen tragen all ihre zu erledigenden Aufgaben noch immer mit sich im Kopf herum, obwohl dies der absolut ungeeignetste Aufbewahrungsort ist! Mit dem Schreiben sieht es ähnlich aus wie mit dem Lesen. Auch das haben wir auch in der Schule gelernt und seitdem kaum mehr damit gearbeitet.

Würden wir nur ein wenig an diesen drei Kernkompetenzen arbeiten und das Potenzial, das in jedem von uns steckt, herausholen, würde uns auch die Arbeit viel leichter fallen.

Umdenken

Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das jemandem beigebracht werden sollte, der gerade als Buchhalter eingestellt wurde? Buchhaltung? Oder Excel? Oder wie man das firmeninterne Buchhaltungssystem bedient?

Es ist davon auszugehen, dass der neue Mitarbeiter bereits mit den Grundkenntnissen der Buchhaltung vertraut ist. Daher wäre Letzteres wahrscheinlich. Ohne Excel würde sich der Mitarbeiter jedoch auch sehr schwer tun. Effektiv mit Excel umzugehen ist eine sehr wichtige Fähigkeit für den Buchhalter, da dies das meistgenutzte Programm ist, in dem mit Zahlen jongliert wird. Kaum ein Buchhalter wird während seiner Ausbildung keine Excel-Schulung erhalten, oder später als Angestellter keine Weiterbildung zum Thema Excel absolviert haben.

Fallen Excel-Schulungen jedoch in die Kategorie Persönlichkeitsentwicklung? Wohl kaum. Sie sind als Fachausbildung gekennzeichnet und werden auch als solche von Personalentwicklern und Lehrinstituten angeboten.

Warum werden dann Lesen, Schreiben und oft auch Organisationsfähigkeiten (d.h. Zeitmanagement) fast immer als Persönlichkeitsentwicklung eingestuft? Würden Sie einen Buchhalter seine Arbeit ohne Excel-Kenntnisse erledigen lassen? Würden Sie einen Projektmanager ohne Kenntnisse über Werkzeuge wie MS Project arbeiten lassen? Und würden Sie Ihre Vertriebsmitarbeiter ohne gute MS Office Kenntnisse zu den Kunden schicken?

Lesen, Organisieren und Schreiben sind drei Kernkompetenzen, die bei der Mitarbeiterentwicklung oft in Vergessenheit geraten. Und das, obwohl es zahlreiche Studien gibt, die die Wichtigkeit dieser Fähigkeiten hervorheben.

Eine dieser Studien ist die OECD-Studie „Lesen kann die Welt verändern“ aus dem Jahr 2002 . Darin wird festgestellt, dass Personen mit höherer Lesekompetenz die Beschäftigungsaussichten eindeutig verbessern. Des Weiteren kommt die Studie zu dem Schluss, dass die Entwicklung von Humankapital nicht nur mit den Bildungs- und Arbeitsmarktergebnissen in Zusammenhang steht, sondern auch mit einer besseren Gesundheit, geringeren Kriminalität und stärkeren Teilnahme an Aktivitäten der Gemeinschaft. Damit wären die sozialen Effekte des Erwerbs von Grundqualifikationen nicht weniger bedeutend als die wirtschaftlichen Effekte – für den Einzelnen ebenso wie für Gemeinschaften und Länder!

Es gibt kaum jemanden, der sein volles Potenzial in diesen drei Bereichen schon ausgeschöpft hat – weder gleich nach dem Schulabschluss, noch nach vielen Jahren im Beruf, falls überhaupt. Das volkswirtschaftliche Potenzial, das darin schlummert, ist enorm. Allein in Österreich mit etwa 3,5 Millionen Beschäftigten würde die Arbeitszeitersparnis von einer Stunde pro Tag etwa 250 Milliarden Euro einbringen! Diese eine Stunde pro Tag wäre leicht zu erzielen, wenn wir das Potenzial das hinsichtlich einer erhöhten Effektivität in jedem von uns schlummert, anhand der drei Kernkompetenzen umsetzten würden. Dies wäre ein Förderpaket ohnegleichen. Schade nur, dass sich die Arbeitgeber oft mit Mittelmäßigkeit zufriedengeben und ihren Mitarbeitern nicht das Rüstzeug mit auf den Weg geben, mit dem sie ihre Arbeit besser erledigen könnten.

Die eine Stunde pro Tag ist bei den meisten Menschen schnell durch langsames oder mehrmaliges Lesen von E-Mails und anderen Texten aufgebraucht, bis sie sich endlich entscheiden, was damit getan werden sollte. Langsames Schreiben oder das Editieren schlecht geschriebener Texte, mit denen Sie nicht mit zufrieden sind, fällt ebenfalls unter diese Kategorie. Würden wir unser Potenzial nur ein wenig steigern, könnten wir enorm viel unnötige Arbeitszeit einsparen, die wir dann für produktivere Aufgaben nutzen könnten.

Meine eigenen Erfahrungen bestätigen dies. Als Produktivitätstrainer konzentriere ich mich ausschließlich auf diese vier Bereiche, weil ich unglaublich begeistert davon bin, zu sehen, wie Menschen ihr Potenzial erhöhen und was Sie damit erreichen können. Ich habe viele Jahre in der Wirtschaft gearbeitet, zu Beginn als Techniker für Kopiergeräte bei Minolta und zum Schluss als Country Manager für Microsoft Networks (msn.at) in Österreich, ehe ich mich als selbstständiger Trainer und Einzelunternehmer auf Produktivitätsmethoden ausgerichtet habe. Seit 2003 biete ich in Österreich u.a. ein Lesetraining nach der BrainRead -Methode an und kann seitdem beobachten, wie viele Menschen sich positiv verändern und ihrer Karriere einen Schub geben konnten.

Das Interessante ist jedoch der Widerstand, den Unternehmen zuerst an den Tag legen, bis sie die Kapitalrendite (oder ROI, Return On Investment) erkennen, die diese Art von Schulung mit sich bringt. Messbare und nachhaltige Resultate, die einen hohen Wirkungsgrad aufzeigen, überzeugen die meisten Personalentwickler. Von Ihnen werden diese Schulungen jedoch fast ausschließlich als Persönlichkeitsentwicklung oder unter Soft Skills eingestuft. Dasselbe gilt für alle drei Kernkompetenzen. Egal ob es um die Lesefähigkeit, die Organisationsfähigkeit oder die Schreibkompetenz geht – es handelt sich stets um Soft Skills.

Hier muss ein Umdenken erfolgen.

Die drei Kernkompetenzen sollten sowohl von Unternehmen als auch vom Staat viel stärker gefördert werden, damit wir unseren wirtschaftlichen Wettbewerbsfaktor in der zunehmend globalen Wirtschaft erhalten und weiter ausbauen können.

Göran Askeljung

Über den Autor Göran Askeljung

Prof. (op) Göran Askeljung – BcEE, ist Business Trainer bei askeljung.com und Geschäftsführer und Senior Trainer bei immediate effects. Seit 2016 ist Göran Askeljung auch Certified Facilitator und Associate von Consensus in NY, und leitet Consensus Austria und Germany. Als Professor of Practise (op) am Georgian School of Management (GSOM) leitet er das Institut für Sales and Negotiations. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF). Göran ist auch als Trainer, Coach und Consultant für Consensus Group (NY, US), The Forum Corporation (UK), eBda (Fr) undNapier Training Associates (UK) tätig. Er ist zertifiziert im Solution Selling® von der SPI University in USA. Seine Arbeit umfasste Tätigkeiten als Trainer und Coach für Produktivität, Verkauf, Vertriebsmanagement, Key-Account Management, Lösungsvertrieb, Verhandlungstaktik, Verhandlungsführung, Rhetorik und Präsentationen. Göran wurde 1967 in Schweden geboren und lebt seit 1990 in Wien. Er spricht fließend Deutsch, Englisch und Schwedisch. Lebenslauf und Werdegang: Oxford Encyclopedia | LinkedIn | XING