Warum Sie weniger Zeit brauchen, wenn Sie mehr Energie haben
Stellen Sie sich bitte Folgende Situation vor: Sie bekommen eine neue, herausfordernde Aufgabe übertragen. Sie freuen sich darauf und beginnen zu planen. Welche Aspekte gehören zu Ihrer Planung? Was werden Sie bedenken? Welche Änderungen werden in Ihrem Tagesablauf nötig sein? Wie werden Sie Ihren Wochen-, Monats-, Jahresplan anpassen?
Wenn Sie sich auch Gedanken darüber machen, wie Sie die nötige Energie aufbringen werden – bravo!
Die allermeisten werden aber vor allem darüber nachdenken, wie sie mehr Zeit aufbringen können. Einfach noch eine Stunde pro Tag dranhängen – dann müsste es doch zu schaffen sein. Aber wie wollen Sie die Energie für die Extrastunde aufbringen? Die Stunde soll ja auch konzentriert genutzt werden.
Niemand kann ohne Schaden zu nehmen die Arbeitstage wieder und wieder verlängern. Irgendetwas wird auf der Strecke bleiben:
- die Qualität der Arbeit
- das Familienleben
- die Gesundheit
- Freundschaften
- Weiterbildung
- Hobbies
Investieren Sie in Ihre Energie
Wer die Signale von Distress nicht rechtzeitig wahrnimmt und eingreift, wird sich mittelfristig mit schädlichen Krücken behelfen. Schauen Sie sich mal im Kollegenkreis um. Kollege A flüchtet zur Zigarette; Kollegin B verdrängt bei Surfen in sozialen Medien den inneren Druck; Kollege C ernährt sich hauptsächlich von Leberkässemmeln; Kollegin D baut Druck ab, indem sie ihrer schlechten Laune freien Lauf lässt; Kollegin E scheint sich nur von Kaffee und Energy-Drinks zu ernähren…. Wem die Energie ausgeht, der ist schnell bereit, seinen Impulsen nachzugeben: Rauchen; im Internet surfen; gedankenlos essen; aus der Haut fahren; Aufputschmittel konsumieren.
Eine neue herausfordernde Aufgabe braucht mehr Energie – also fragen Sie sich, woher diese Energie kommen soll. Sie sollten aktiv in Ihren Energiehaushalt investieren. Auch wenn es am Anfang etwas mehr Anstrengung kostet (Verhaltensänderungen sind immer anstrengend), Sie werden die Belohnung unmittelbar spüren.
“Na toll”, denken Sie jetzt vielleicht und wollen gar nicht mehr weiterlesen, “dann brauch ich ja noch mehr Zeit.” Nein, denn Sie werden während der Arbeit weniger ungeplante Ablenkung brauchen. Sie können konzentrierter arbeiten und länger an einer Sache dranbleiben. Was Sie also tun, ist die extra Stunde in Ihren Energiehaushalt zu investieren. Der schöne Nebeneffekt: Sie profitieren auch auf anderen Gebieten von dieser extra Stunde.
Körper – Einstellung – Gefühle – Human Spirit
Diese vier Bereiche können Sie beackern, um sich um Ihre Energie zu kümmern. Suchen Sie sich aus, was am besten zu Ihnen und in Ihren Alltag passt und drehen Sie zu Beginn nur an einer Schraube. Wenn Sie schon lange mal (oder wieder mal) Sport machen wollten, konzentrieren Sie sich auf den Körper-Aspekt. Wenn Sie sich gerne an Ihrer Persönlichkeit arbeiten wollen, nehmen Sie sich Ihre Einstellungen vor. Allerdings rate ich davon ab, sich die größte Herausforderung zu suchen – außer Sie sind der Typ, der Herausforderungen liebt. Wenn Sie mal einen Bereich gut integriert haben, können Sie sich den nächsten vornehmen.
Körper
Es gibt wirklich einfach Wege, den Körper mit Energie zu versorgen. Zum einen ist das eine körpertaugliche Ernährung, zum anderen ist es Bewegung. Für beides brauchen Sie für den Anfang nicht mehr als eine halbe Stunde täglich. Zu beiden Bereichen ist schon alles gesagt und geschrieben. Deshalb bekommen Sie von mir nur die wichtigsten Tipps, die Sie wirklich beherzigen sollten. Sie sind die Basis für alles andere.
Ernährung
- Nehmen Sie sich Zeit fürs Essen und essen Sie im Sitzen.
- Kochen Sie selbst. Kochen Sie für das Mittagessen in der Arbeit vor.
- Hören Sie auf Ihren Bauch: Was tut Ihnen gut? Wonach fühlen Sie sich schlapp? Brauchen Sie wirklich schon wieder einen Kaffee?
- Verzichten Sie komplett auf Energie Drinks. Das kann am Anfang hart sein. Aber wenn es hart ist, ist es ohnehin höchste Zeit den Körper zu entwöhnen.
Sport
- Planen Sie realistisch und verbindlich Ihre Sporteinheit. Für viele ist es zu Beginn am einfachsten, eine halbe Stunde früher aufzustehen. Dann kommt Ihnen der Tag mit seinen spontanen Einfällen nicht in die Quere.
- Suchen Sie einen Sport, der nicht viel extra Aufwand kostet. Super effizient und völlig unaufwändig ist Training mit dem eigenen Körpergewicht. Sie brauchen keine Ausrüstung und können zuhause oder in jedem Park trainieren.
- Wenn Sie wissen, dass andere Menschen Sie motivieren, suchen Sie sich eine Gruppe oder auch nur einen Sportpartner. Personal Trainer sind übrigens heutzutage auch kein Luxus mehr, den sich nur Filmstars leisten.
Um Ihrem Körper während der Arbeit immer wieder zu regenerieren sollten Sie regelmäßig kleinere Pausen machen. Und zwar nicht vor dem Bildschirm, sondern abseits des Schreibtischs. Lassen Sie das Smartphone am Tisch und gehen Sie einfach für fünf Minuten vor die Tür. Der körperliche Biorhytmus schätzt spätestens alle 120 Minuten eine Pause.
Im nächsten Teil erfahren Sie, was Sie tun können, wenn Sie Ihre Gefühle übermannen und Sie vergessen, wofür Sie sich eigentlich anstrengen.
Gefühle
Ich werde Sie jetzt nicht überraschen, wenn ich sage, dass positive Gefühle Ihre Freude an der Arbeit erhöhen. Mit der Freude steigt natürlich die Leistung. Es ist also wichtig, für Ihren Gefühlshaushalt zu sorgen. Da heißt nicht, dass Sie permanent gute Laune haben sollten (wer hält das schon aus). Sie sollten sich aber Ihrer negativen Gefühle bewusst werden. Wann verfalle ich in den Flight-or-Fight Modus? Also: verdränge ich (erinnern Sie sich an die Kompensationsstrategien der Kollegen A bis E)? Werde ich aggressiv, ungeduldig und mache ich Schuldzuweisungen?
Bevor Sie sich für eine Technik entscheiden, mit Ihren negativen Gefühlen umzugehen, müssen Sie üben, sie zu erkennen. Das ist für den Anfang genug. Erkennen – im Stillen (oder auch laut) benennen – innehalten. Im Grunde brauchen Sie nur den einen Augenblick, um zur Besinnung zu kommen. Raus aus dem Flight-or-Fight Modus, zurück zu Ihnen selbst. Denn: Sie sind nicht der Flight-or-Fight-Modus. Sie bedienen sich lediglich einer Überlebensstrategie, die sich in Urzeiten bewährt hat. Und weil sie sich damals so toll bewährt hat, hat unser Gehirn sie für alle Zeiten als Automatismus abgespeichert. Es wird also Geduld brauchen, diesen Automatismus zu entlarven und im zweiten Schritt bewusst zu beeinflussen.
- Atmen: Sobald Sie erkannt haben, dass Sie der Automatismus im Griff hat, atmen Sie. Zählen Sie bis 10. Der Tipp ist beileibe nicht nigelnagelneu. Sie haben ihn sicher schon zigmal gelesen. Aber wenden Sie ihn auch an? Eben! Ab jetzt wird das anders.
- Loben Sie: Überraschen Sie sich und Ihr Gehirn, indem Sie eine regelrechte Kehrwendung machen. Indem Sie jemanden loben, denken Sie automatisch positiv. Weil es ja in den impulsiven Momenten schnell gehen muss, loben Sie einfach in Abwesenheit derjenigen Person. Holen Sie das Lob dann aber bitte nach, damit der/die andere auch was davon hat.
- Brille wechseln: für diese Technik betrachten Sie die Situation, die Sie in Flucht oder Rage bringt, aus drei Perspektiven:
1. Die Gegenüber-Brille: Wie würden ich die Situation beurteilen, wenn ich XY wäre (meine Vorgesetzte, mein Kollege) und warum würde ich damit auch recht haben?
2. Die Weitsicht-Brille: Wie werde ich die Situation vermutlich in einem halben Jahr beurteilen? Wie werde ich jemandem in einem halben Jahr davon erzählen?
3. Die Weitwinkel-Brille: Egal wie sich die Situation klärt – was kann ich mindestens daraus lernen? Welche Erfahrung daraus ist wichtig? Welche Erfahrung daraus würde ich auch meinen Kindern mitgeben?
Sinn und Werte
Wenn wir nicht mehr wissen, warum und wofür wir uns anstrengen, stirbt die Energie einen ganz schnellen Tod. Das Gefühl unnütz zu sein und keinen Beitrag zu leisen, verletzt der beiden menschlichen Grundbedürfnisse: der Wunsch wirksam zu sein.
Gerade in großen Unternehmen wissen die Menschen oft nicht mehr, warum sie tun, was sie tun. Es fehlt ihnen der Blick für das Ganze. So können sie nicht nachvollziehen, welchen Teil sie beitragen. Wenn es Ihnen so geht, fragen Sie nach. Was soll mit Ihrer Arbeit für das Unternehmensziel oder Ihr Team erreicht werden. Fragen Sie nach konkreten Zahlen.
Fragen Sie sich aber auch, welchen Beitrag Sie menschlich in Ihrem Team leisten? Was schätzen Ihre Kollegen und Kolleginnen menschlich an Ihnen?
Wie sieht es im privaten aus? Welches große Ziel haben Sie? Was möchten Sie mit 80 von sich erzählen können? Welche Eigenschaft möchten Sie an sich weiterentwickeln und wie hilft Ihnen Ihre Arbeit dabei? Welcher Mensch möchten Sie sein (wie wünschen Sie sich, dass andere von Ihnen erzählen? Ihre PartnerIn, Ihre Kinder, Ihre Nachbarn, Ihre KollegInnen)? Welche Werte sind mir wichtig und wie spiegeln sie sich in meiner Arbeit/Firma wieder? Wie kann ich diese Werte auch in meiner Arbeit stärken? Ist Ihnen z.B. Loyalität sehr wichtig, fragen Sie sich, wie Sie die Loyalität in Ihrer Firma/Team stärken können.
Sinn und Werte sind ein integraler Bestandteil Ihrer Person. Wir alle sollten uns regelmäßig damit beschäftigen. So bringen wir unsere Person in Einklang mit dem was wir tun – privat und im Beruf.
Wenn Sie gerade erst anfangen, sich um Ihren Energiehaushalt zu kümmern, fangen Sie bitte mit dem Bereich Sport oder Einstellung an. Die Rituale, die Sie dort einüben sind ein wichtiges Werkzeug, wenn Sie sich mit der Sinnfrage befassen.
Über den Autor Göran Askeljung
Prof. (op) Göran Askeljung – BcEE, ist Business Trainer bei askeljung.com und Geschäftsführer und Senior Trainer bei immediate effects. Seit 2016 ist Göran Askeljung auch Certified Facilitator und Associate von Consensus in NY, und leitet Consensus Austria und Germany. Als Professor of Practise (op) am Georgian School of Management (GSOM) leitet er das Institut für Sales and Negotiations. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF). Göran ist auch als Trainer, Coach und Consultant für Consensus Group (NY, US), The Forum Corporation (UK), eBda (Fr) undNapier Training Associates (UK) tätig. Er ist zertifiziert im Solution Selling® von der SPI University in USA. Seine Arbeit umfasste Tätigkeiten als Trainer und Coach für Produktivität, Verkauf, Vertriebsmanagement, Key-Account Management, Lösungsvertrieb, Verhandlungstaktik, Verhandlungsführung, Rhetorik und Präsentationen. Göran wurde 1967 in Schweden geboren und lebt seit 1990 in Wien. Er spricht fließend Deutsch, Englisch und Schwedisch. Lebenslauf und Werdegang: Oxford Encyclopedia | LinkedIn | XING